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Nordirland steuert wegen Brexit-Patts auf Neuwahlen zu
Nordirland steuert wegen des politischen Patts in der Frage seines Status nach dem Brexit auf Neuwahlen zu. Nach neuen Verhandlungen der Parteien unter Beteiligung der britischen Regierung erklärte am Donnerstag die pro-britische Democratic Unionist Party (DUP), sie sei weiterhin nicht zur Beteiligung an der Regierung bereit. Der britische Nordirlandminister Chris Heaton-Harris hatte zuvor angekündigt, wenn bis Freitag keine Regierung stehe, werde er Neuwahlen ausrufen.
Die britische Provinz ist seit Februar ohne arbeitsfähige Regierung, weil die DUP aus Protest gegen das Nordirland-Protokoll im Brexit-Abkommen eine Beteiligung an der Exekutive verweigert. Die Regionalregierung in Belfast muss aber gemäß dem Friedensabkommen von 1998 von katholischen Nationalisten und protestantischen Unionisten gemeinsam geführt werden.
Heaton-Harris hatte am Mittwoch mit den Parteien in Nordirland verhandelt. Auch der neue britische Premierminister Rishi Sunak rief Unionisten und Nationalisten zur Einigung auf. Die Botschaft des Premiers an die nordirischen Parteien sei, dass die Provinz "eine voll funktionsfähige Regierung" brauche, erklärte die Regierung in London.
Die britische Regierung ist per Gesetz dazu verpflichtet, Neuwahlen anzusetzen, wenn bis zu diesem Freitag keine Regierung gebildet ist. DUP-Chef Jeffrey Donaldson sagte aber nach den jüngsten Verhandlungen, die Bedenken seiner Partei hinsichtlich des Nordirland-Protokolls seien weiterhin nicht berücksichtigt worden.
"Wir müssen den Schutt des Protokolls beiseite räumen, das unsere Wirtschaft untergraben hat, (...) das unseren verfassungsmäßigen Status ohne unsere Zustimmung geändert hat, das jeden Tag in Nordirland den Unternehmen schadet und die Lebenshaltungskosten für jede einzelne Person nach oben treibt", sagte der DUP-Chef vor dem Regionalparlament in Belfast.
Die Vorsitzende der pro-irischen Sinn-Fein-Partei, Michelle O'Neill, kritisierte die Haltung der DUP in scharfen Worten. Die Unionisten-Partei verfolge eine Politik der "permanenten Sackgasse", obwohl sie nicht die Mehrheit der Bürger vertrete. Bei den Regionalwahlen im Mai hatte erstmals in der Geschichte Nordirlands die irisch-nationalistische Sinn Fein die Mehrheit erreicht.
Die DUP beharrt darauf, dass das Nordirland-Protokoll ganz beseitigt oder überarbeitet wird. Durch das Protokoll gehört die Provinz auch nach dem Anfang 2020 vollzogenen Austritt Großbritanniens aus der EU weiterhin zum europäischen Binnenmarkt. Dagegen gibt es zwischen Großbritannien und Nordirland Warenkontrollen. Die Unionisten befürchten als Folge eine zunehmende Abspaltung Nordirlands vom restlichen Vereinigten Königreich.
Die britische Regierung hatte dem Protokoll ursprünglich zugestimmt, um Kontrollen zwischen dem EU-Land Irland und Nordirland zu verhindern, da dies den Friedensprozess in der ehemaligen Unruheregion gefährden könnte. Seitdem dringt London jedoch gegenüber Brüssel auf eine Rücknahme des Protokolls und hat eigene Gesetze erlassen, um es zu umgehen.
Donaldson zeigte sich skeptisch, dass Neuwahlen etwas an der seit Monaten herrschenden Patt-Situation ändern werden. Er glaube nicht, dass die Wahlen "uns schneller zu der Lösung bringen, die wir brauchen". Doch sei seine Partei zu der Abstimmung bereit.
Um die politische Sackgasse in Belfast und das Nordirland-Protokoll ging es auch in Telefonaten Sunaks mit dem irischen Regierungschef Michael Martin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Diese erklärte anschließend im Kurzbotschaftendienst Twitter, sie hoffe auf Lösungen "im Rahmen des Protokolls", die "Stabilität und Berechenbarkeit bringen".
C.Garcia--AMWN