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Von Nordkorea abgefeuerte ballistische Rakete fliegt über Japan hinweg
Erstmals seit fünf Jahren ist eine von Nordkorea abgefeuerte ballistische Rakete über Japan hinweggeflogen. Die Regierung in Tokio rief am Dienstag ihre Bürger in zwei nördlichen Regionen des Landes auf, in Gebäuden oder Kellern Schutz zu suchen. Japans Ministerpräsident Fumio Kishida bezeichnete den Vorfall als "Gewaltakt". Die USA verurteilten den Raketenstart als "rücksichtslos und gefährlich". Auch die EU kritisierte die "ungerechtfertigte Aggression" durch Pjöngjang.
Nordkorea habe gegen 07.22 Uhr (00.22 Uhr MESZ) "eine ballistische Rakete in Richtung Osten" abgefeuert, sagte Japans Regierungssprecher Hirokazu Matsuno vor Journalisten. Die Details würden noch untersucht. Bei dem Abschuss sei niemand verletzt worden, sagte er.
Das südkoreanische Militär bestätigte den Vorfall. Es teilte mit, "eine mutmaßliche ballistische Mittelstreckenrakete" entdeckt zu haben, die "aus dem Gebiet Mupyong-Ri in der Provinz Jagang gestartet wurde und in östlicher Richtung über Japan hinwegflog". Die Rakete flog Seoul zufolge etwa 4500 Kilometer weit, was einen neuen Rekord für Nordkorea bedeuten könnte.
Japans Verteidigungsminister Yasukazu Hamada erklärte, die abgefeuerte Rakete könne eine Hwasong-12 gewesen sein. Laut Chad O'Carroll von der Nachrichtenseite NK News handelt es sich dabei um das gleiche Modell, das Pjöngjang zuletzt im August und September 2017 über Japan abgefeuert hatte.
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol nannte den Raketenabschuss in einer Stellungsnahme eine "Provokation", die gegen UN-Vorschriften verstoße und kündigte eine "strenge Antwort" an.
Das US-Außenministerium erklärte, der "rücksichtslose und gefährliche Start" stelle "eine inakzeptable Bedrohung der japanischen Öffentlichkeit" dar.
Der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, habe in zwei separaten Telefonaten mit seinen Kollegen in Tokio und Seoul über "angemessene und handfeste, gemeinsame und internationale Antworten" beraten, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, Adrienne Watson. Dabei habe Sullivan die "eisernen Versprechen" der USA zur Verteidigung Südkoreas und Japans bekräftigt.
Nach dem Raketenstart war Japans J-Alert-Raketenwarnsystem aktiviert worden - ein bislang eher seltener Vorgang. Die Warnmeldung wurde auf den Bildschirmen des staatlichen Rundfunksenders NHK angezeigt. NHK meldete, die Warnung gelte für zwei Regionen im Norden des Landes. Die japanische Küstenwache erklärte später, die Rakete sei offenbar bereits über dem Pazifik abgestürzt.
Die japanische Regierung verurteilte den nordkoreanischen Raketentest als "Akt der Gewalt", nachdem "in letzter Zeit wiederholt ballistische Raketen abgeschossen" worden seien, sagte Regierungschef Kishida. Vor wenigen Tagen hatte Nordkorea bereits viermal ballistische Raketen abgefeuert.
Washington und Seoul sind enge Verbündete. In Südkorea sind rund 28.500 US-Soldaten stationiert. In der vergangenen Woche hielten die südkoreanische und die US-Marine eine großangelegte gemeinsame Militärübung ab. Am Freitag starteten Südkorea, Japan und die USA zudem erstmals seit fünf Jahren Übungen zur U-Bootabwehr.
Südkorea und die USA befürchten, dass Pjöngjang in naher Zukunft erstmals seit 2017 wieder einen Atomwaffentest vornehmen könnte. Das weitgehend isolierte asiatische Land hat seit 2006 sechs Mal Atomwaffen getestet, zuletzt 2017. Nordkorea verfügt nach Diplomatenangaben über Atombomben und ballistische Raketen, hat es demnach aber bislang nicht geschafft, diese beiden Technologien zusammenzuführen.
Südkoreas Wiedervereinigungsministerium teilte unterdessen mit, dass Nordkorea am Dienstag nicht auf den täglichen Routinekontakt über die innerkoreanischen Verbindungsleitung antworte.
EU-Ratspräsident Charles Michel verurteilte Nordkoreas Raketentest "scharf" und erklärte, die EU stehe "in Solidarität" hinter Tokio und Seoul. Bei dem Abschuss handele es sich um eine "ungerechtfertigte Aggression und eine unverhohlene Verletzung internationalen Rechts", schrieb Michel im Kurzbotschaftendienst Twitter.
J.Oliveira--AMWN