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Libanon: 15 Tote und dutzende Verletzte durch israelischen Beschuss im Südlibanon
Nach Ablauf einer entscheidenden Frist im Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon sind durch israelischen Beschuss im Südlibanon nach libanesischen Angaben mindestens 15 Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. Das Gesundheitsministerium in Beirut erklärte, israelische Soldaten hätten auf zurückkehrende Bewohner mehrerer Dörfer geschossen. Tote und Verletzte gab es demnach in mehreren Ortschaften. Die israelische Armee sprach von "Warnschüssen". Die Armee und die UN-Friedenstruppe Unifil warnten erneut vor einer Rückkehr in das Grenzgebiet.
Am Sonntag lief eine 60-tägige Frist für den Abzug israelischer Truppen aus dem Südlibanon ab. Israel hatte am Freitag aber mitgeteilt, dass israelische Soldaten vorerst weiter im Südlibanon stationiert bleiben.
Als Grund gab das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu an, das Ende November geschlossene Abkommen sei vom Libanon nicht "vollständig erfüllt" worden. Die libanesische Armee erklärte dagegen, die Verzögerungen bei der Umsetzung des Abkommens seien "auf den zögerlichen Rückzug des israelischen Feindes zurückzuführen".
Obwohl das Abkommen nicht vollständig umgesetzt ist, versuchten am Sonntag hunderte Menschen, in ihre Dörfer im Südlibanon zurückzukehren. Wie Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP berichteten, fuhren Konvois aus dutzenden Autos auf mehrere Dörfer zu. Einige Insassen schwenkten die gelbe Fahne der Hisbollah, manche trugen Porträts des von Israel getöteten Hisbollah-Anführers Hassan Nasrallah.
Der für die Kommunikation auf Arabisch zuständige Sprecher der israelischen Armee, Avichay Adraee, warnte die Bewohner von mehr als 60 Ortschaften im Südlibanon - darunter Hula und Kfar Kila - vor einer Rückkehr. "Lasst nicht zu, dass die Hisbollah zurückkehrt und euch ausnutzt", fügte er an.
Der kürzlich ins Amt eingeführte libanesische Präsident Joseph Aoun rief die Bewohner auf, "ruhig Blut" zu bewahren und "der libanesischen Armee zu vertrauen".
Die israelische Armee hat sich seit Inkrafttreten der Waffenruhe aus den Küstengebieten im Süden des Libanon zurückgezogen, israelische Soldaten sind aber noch in weiter östlich gelegenen Gebieten vertreten. Netanjahus Büro hatte zuvor erklärt, der Rückzug der Armee hänge davon ab, ob die libanesische Armee das Waffenruhe-Abkommen "tatsächlich umsetze" und die Hisbollah sich hinter den Fluss Litani zurückziehe.
Die Vereinten Nationen erklärten ebenfalls, die Bewohner der Grenzgebiete könnten bislang nicht zurückkehren. "Wie wir heute morgen tragischerweise erlebt haben, sind die Bedingungen für eine sichere Rückkehr der Bürger in ihre Dörfer entlang der Blauen Linie noch nicht hergestellt", erklärte die UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, am Sonntag gemeinsam mit der UN-Friedensmission für den Libanon (Unifil).
Die Unifil rief die israelische Armee auf, auf libanesischem Staatsgebiet "nicht auf Zivilisten zu schießen". "Jegliche weitere Gewalt" berge die Gefahr, die "fragile Sicherheitslage in der Region" zu gefährden. An Zivilisten erging die Aufforderung, den Anweisungen der libanesischen Armee Folge zu leisten.
Der israelische Armeesprecher Adraee sprach von "Warnschüssen", die abgefeuert worden seien, um "Bedrohungen in mehreren Gebieten zu beseitigen, in denen Verdächtige identifiziert wurden, die sich den Truppen näherten". Zudem hätten die Soldaten "Verdächtige festgenommen".
Die Waffenruhe zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah war am 27. November in Kraft getreten. Zuvor hatten sich beide Seiten zwei Monate lang mit großer Härte bekämpft. Seit Inkrafttreten der Waffenruhe beschuldigen sich beide Seiten regelmäßig, diese zu verletzten.
Das Abkommen sah eigentlich vor, dass die israelische Armee den Südlibanon innerhalb von 60 Tagen schrittweise verlässt. Die Hisbollah soll sich ebenfalls aus dem Grenzgebiet bis hinter den Fluss Litani zurückziehen und ihre militärischen Stützpunkte auflösen. Lediglich die libanesische Armee und Unifil-Soldaten sollen demnach vor Ort bleiben.
M.A.Colin--AMWN